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Droht China ein verlorenes Jahrzehnt?

Nach Jahrzehnten des beeindruckenden Wirtschaftswachstums sieht sich China heute mit bedeutenden Herausforderungen konfrontiert, die das zukünftige Wachstum beeinträchtigen könnten. Das bislang auf Außenhandel und massive Investitionen gestützte Wachstumsmodell zeigt erste Schwächen. Hinzu kommt, dass steigende Löhne China als Produktionsstandort weniger attraktiv gemacht haben. Parallelen zu Japan in den 1990er Jahren, das nach dem Platzen einer Immobilien- und Aktienblase ein „verlorenes Jahrzehnt“ erlebte, drängen sich auf. Doch wie treffend ist dieser Vergleich?

Japans verlorenes Jahrzehnt: Ein Rückblick

Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg Japan zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt auf. Tiefe Zinsen und eine Deregulierung des Finanzsektors ließen die Vermögenspreise explodieren. Als die Bank of Japan 1989 den Leitzins drastisch erhöhte, platzten die Blasen am Aktien- und Immobilienmarkt. Die Folgen waren eine tiefe Rezession, eine Bankenkrise und eine drastische Zunahme der Staatsverschuldung. Auch die demografische Entwicklung, gekennzeichnet durch eine alternde Bevölkerung und eine sinkende Erwerbsquote, trug zur wirtschaftlichen Stagnation bei.

Chinas Immobilienkrise

China kämpft seit Jahren mit einer hohen Verschuldung, insbesondere im Immobiliensektor. Seit 2020 hat die Regierung Maßnahmen ergriffen, um die Verschuldung der Immobilienentwickler einzudämmen. Die Krise verschärfte sich, als der Immobilienriese Evergrande 2021 zahlungsunfähig wurde. Die Praxis, Immobilien vor ihrer Fertigstellung zu verkaufen, verlor das Vertrauen der Käufer, und die Banken zögerten, neue Kredite zu vergeben. Die Regierung intervenierte, um die Fertigstellung bereits verkaufter Einheiten sicherzustellen und soziale Stabilität zu wahren. Der Immobilienmarkt bleibt jedoch schwach, und eine Erholung ist nicht in Sicht.

Demografische Herausforderungen

China steht, ähnlich wie Japan, vor dem Problem einer alternden Bevölkerung. Die Ein-Kind-Politik hat zu einer Überalterung der Gesellschaft geführt. Trotz der Einführung einer Drei-Kind-Politik bleiben die Geburtenraten niedrig, da hohe Lebenshaltungs- und Bildungskosten Familien davon abhalten, mehr Kinder zu bekommen. Eine schrumpfende Bevölkerung wird das wirtschaftliche Wachstum weiter dämpfen.

Unterschiede und staatliche Eingriffe

Im Gegensatz zu Japan steuert China seine Immobilienpreise durch staatliche Eingriffe. Diese „sichtbare Hand“ des Staates verhindert drastische Preisrückgänge. Staatlich gelenkte Kredite an den Immobiliensektor schützen die Banken vor größeren Verlusten. Die Zentralregierung setzt auf gezielte Maßnahmen statt auf massive Konjunkturpakete, um die Wirtschaft zu stabilisieren.

Banken und Fiskalpolitik

Chinesische Banken sind besser kapitalisiert als ihre japanischen Pendants in den 1990er Jahren. Ihr Engagement im Immobiliensektor ist geringer, und sie sind weniger von notleidenden Krediten betroffen. Die Regierung vermeidet bislang ausufernde Staatsausgaben und konzentriert sich auf gezielte fiskalische Maßnahmen. Eine Liquiditätsfalle wie in Japan scheint unwahrscheinlich, da die Kreditvergabe an Unternehmen außerhalb des Immobiliensektors weiterhin funktioniert.

Fazit: Kein verlorenes Jahrzehnt in Sicht

Die Parallelen zwischen China heute und Japan in den 1990er Jahren sind augenfällig. Doch die Unterschiede in den Wirtschaftssystemen und den staatlichen Maßnahmen sind entscheidend. Während Japan eine tiefe wirtschaftliche Stagnation erlebte, verhindert Chinas staatliche Steuerung bislang ein ähnliches Szenario. Die strukturelle Wachstumsverlangsamung in China wird sich zwar fortsetzen, doch ein „verlorenes Jahrzehnt“ scheint unwahrscheinlich. Stattdessen wird China seinen Wachstumspfad durch staatliche Interventionen und Anpassungen an die demografischen und wirtschaftlichen Realitäten neu definieren.

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